Nicht zuletzt die Diskussion um den dramatischen Rückgang des Vogelbestandes hat den Fokus auf den ebenso dramatischen Rückgang der Insektenfauna gelegt. Sind doch die Insekten zum großen Teil die Nahrungsquelle für erstere und, wenn man so will, nun auch ein Indikator, wie es um die Biotope Wald-, Kultur- und Parklandschaft bestellt ist. Damit rückt auch ein bislang wenig beachteter Umstand in den Blickpunkt, der bisher fraglos nur in einer Richtung zu sehen war – das Totholz.

Meist denkt man bei Parkanlagen und öffentlichen Grün nicht direkt an diesen Umstand. Und wenn doch, dann meist nur im Zusammenhang mit Haftungsfragen, Besuchersicherheit und Baumgesundheit. Doch das Absterben einen Baumes gehört auch in den Parkanlagen zu den natürlichen Vorgängen und sollte, nach den bisherigen ökologischen Erkenntnissen, etwas differenzierter und, in einigen Fällen, weniger restriktiv sehen. Natürlich sind die Umstände bezüglich der Sicherheit in öffentlichen Park- und Grünanlagen anders zu bewerten, als auf abgeschlossenen privaten Grundstücken. Dennoch sollten auch hier die Möglichkeiten einer Belassung des Totholzes in der Anlage immer wieder geprüft werden.

Es ist unbestritten, dass absterbende Bäume immer noch – oder gerade deswegen – einen sehr hohen Nutzen für ihre Umgebung und für das ökologische Gefüge und das Kleinklima haben. Bieten sie doch Platz für zahlreiche Lebensgemeinschaften, die sonst an diesen Standorten so nicht zu finden sind und dienen darüber hinaus als Feuchtigkeitsreservoir. Je nach Baumart fallen darunter verschiedenste heute bedrohte Arten, wie verschiedene Bockkäferarten, Hirschkäfer, Fledermäuse, Spechtarten, u.v.a.m.

Schaut man sich die Ansprüche von von Holzinsekten und Holzpilzen an ihr Biotop näher an, ist zu erkennen, dass viele von ihnen sog. lebende Baumruinen bevorzugen. Durch unsere teilweise sehr „eingeschränkte Sichtweise“ sind in der heutigen Kulturlandschaft die ursprünglichen, noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts erheblich häufigeren Lebensräume an Baumveteranen nun nur noch selten zu finden. Die Komplexität, Seltenheit und Verinselung dieser Lebensräume geht eben dann einher mit einem hohen Anteil gefährdeter Arten an der Gesamtfauna. Ein Beispiel unter den Insekten stellt dafür etwa der Rosenkäfer (Potosia aeruginosa) dar, aber auch Wildbienen- und verschiedene Wespenarten. Bei den Vöglen fanden sich vor einigen Jahren noch Grau– und Grünspecht in unseren Parkanlagen. Heute sind diese weitgehend verschwunden und nur noch Bunt- bzw. Kleinspechte sind zu beobachten. Doch auch diese leiden unter der fortschreitenden Reduzierung ihrer Lebensräume.

Park- und Grünraumbetreiber müssen sich zukünftig neben der Verantwortung für die Sicherheit der menschlichen Anlagennutzer auch Gedanken über die Sicherung der Biodiversität und Vitalität der selben machen. Ansonsten werden die grünen Areale immer lebensfeindlicher für eine große Anzahl bisher vertrauter Arten womit eine Verödung und damit der Zusammenbruch der „Lebensgemeinschaft Parklandschaft“ droht.

Mittels entsprechender Hinweisbeschilderung an den Eingängen könnten Besucher auf die möglichen Gefahren in gewissen Bereichen hingewiesen werden. Es wird dann eben Flächen zum Betreten geben und andere die aus gutem Grund temporär gesperrt bleiben. Für ein gutes Parkmanagement sollte dies kein großes Problem darstellen, zumal ja etwa mit Naturwiesen ähnlich verfahren wird und man damit auch schon Erfahrungen sammeln konnte. Anlagenvorschriften, wie sie bereits in einigen historischen Parkanlagen zu finden sind (Beispiel Nymphenburg), könnten in adaptierter Weise hier Anwendung finden.

Wenn Bäume fortgeschrittenen Alters, die an eher abseits von Wegen und Aufenthaltsflächen stehen, durch entsprechende Beschilderung bzw. Abgrenzung in der Anlage belassen werden, wird dies eine deutliche Hebung der ökologischen Vitalität des gesamten Biotops zur Folge haben.

Schlussendlich sei noch auf den sog. Totholzgarten verwiesen, der hier im Blog auch schon beschrieben wurde. In manchen öffentlichen Parkanlagen wäre ein solcher Gartenteil eine gute Möglichkeit, auf abgegrenztem Areal den BesucherInnen den „Lebensraum Totholz“ näher zu bringen und so das Verständnis für die Belassung absterbender Bäume in Teilen der Anlagen zu fördern.

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