Von strahlenden und nicht strahlenden Plätzen

20141012_115718_(800_x_600)Wo ein altes Marterl steht, oft ganz verloren in der Gegend, manchmal am Wegrand oder an einer Kreuzung, kann man sicher sein, dass es ein strahlender Platz ist. Strahlende Plätze, alte Kultstätten, erkennt man auch an Sagen, Namen oder entsprechendem Brauchtum. Die meisten Plätze sind gekennzeichnet und längst bekannt. Das trifft besonders auf heilige Stätten der Bibel zu, wo sich nach der Überlieferung Gott oder ein Engel als Bote von ihm gezeigt oder geoffenbart hat. Manche Kirchen und Kapellen stehen außerhalb eines Ortes, an einem Hang etwa, wo kein Baumeister ein Gebäude errichten würde. Das ist ein ziemlich sicherer Hinweis, dass es ein besonderer Platz ist, der gleichsam die Kirche hinzieht. Starke Plätze fallen auch sonst ins Auge, sie sind anziehend und laden zum Bleiben ein.

Als die christlichen Missionare ins Land kamen, brachten sie den Einheimischen das Christentum mit, aber die Leute hielten an ihrem ererbten Brauchtum weitgehend fest. Nun gab es zwei Möglichkeiten – entweder man weihte oder verteufelte den Platz, der heidnischen Ursprungs war. ® Beispiel: Bonifatius, urspr. Winfried (672 – 754), war angelsächsischer Benediktiner und Missionar, er wurde in Rom von Papst Gregor II. unter Verleihung des Namens Bonifatius mit der Germanenmission beauftragt. 724 fällt er die Donar[1]-Eiche bei Geismar. In Göttweig, einem uralten Kultberg, stand ein heiliger Baum. Bischof Altmann ließ ihn stehen, baute eine Kirche herum und hängte ein Muttergottesbild daran. Andere heiligen Bäume, in Blech kunstvoll nachgebildet, stehen z. B. noch in Maria Taferl, der Stiftskirche in Zwettl, und in Maria- Dreieichen. Die irischen Mönche, welche das Land in einer zweiten Welle nach den Wirren der Völkerwanderung christianisierten, waren tolerant und ließen den Leuten ihre geliebten alten Plätze. Wahrscheinlich wussten sie um die positive Kraft solcher Orte aus ihrer Heimat bescheid[i]. Auf eine Anfrage hin entschied Papst Gregor der Große um 600, die Missionare sollten die Plätze taufen. Darum finden wir heute noch den heiligen Stein in der Kirche von Sonntagberg und neben der Basilika von Maria Taferl, sowie in vielen anderen Kirchen und Kapellen.

Die Weihe kann die strahlende Kraft ebenso vermehren wie das dauernde Gebet der Gläubigen. Das Göttliche bedient sich der Natur, um den Menschen seine Gnade zu schenken. Eine andere Methode war, die Plätze zu verteufeln. So wollte man den Leuten, die Christen geworden waren, das Hingehen zu den Steinen, Quellen und Bäumen austreiben. Bonifazius erhielt von Rom den strengeren Auftrag, das Heidentum mit allem Brauchtum auszurotten, was ihm die Friesen sosehr übelnahmen, dass sie ihn 754 erschlugen.

Der Mensch der Vorzeit achtete auf die Zeichen, die er vorfand und deutete sie religiös, wenn er die Strahlung des Platzes spürte. Berge haben oft eine merkwürdige Form, insbesondere Kegelberge sind fast immer heilige Berge. In ihnen sah man das männliche Zeichen der Fruchtbarkeit und verehrte die schöpferische Kraft Gottes im Menschen. Besonders auffallend waren drei Kegelberge nebeneinander. Beispiel: Der Berg Sinai, auf den man die Erscheinung Gottes mit der Verkündigung der Zehn Gebote verlegte, ist so ein Berg mit drei Spitzen. Bekanntlich stellten die Benediktiner ihre Klöster gerne auf Berge, die Zisterzienser ihre ins Tal. Doch auch bei letzteren ist fast immer ein Berg in der Nähe → Beispiel: Hinter Heiligenkreuz liegt ein geheimnisvoller Berg, der am Gipfel eine Spalte hat, aus der warme Dämpfe steigen.

Weiters finden sich sogenannte Spursteine auf der ganzen Welt. Sie deuten die Anwesenheit einer Gottheit oder eines göttliches Wesen an, vielleicht war ein Engel oder Heiliger anwesend, und hat etwas von seiner Kraft hier zurückgelassen. Seine Kraft ruht noch geheimnisvoll im Stein, der Platz ist heilig, er strahlt und von ihm geht noch eine Macht aus. Am Sonntagberg z. B. war es Brauch, sich vom heiligen Stein Pulver abzureiben und als Heilmittel mit nach Hause zu nehmen. Die Mönche verkauften sogar das Steinpulver, was ihnen die Protestanten übelnahmen. Die Protestanten gaben sich aufgeklärter als die Katholiken und lehnten jeden Zusammenhang mit den alten Kulten ab, für sie war es reines Heidentum. Die Priester lenkten daraufhin den Schwerpunkt der Wallfahrt vom heiligen Stein auf die Verehrung der Heiligen Dreifaltigkeit, die man besonders in der Pestzeit anrief. Beim Bau der großen neuen Kirche wurde aber heimlich ein Stück des Steins in den Aufbau des Hochaltares geschmuggelt – man kann ja nicht wissen.

[1]    Donar, altsächs. Thunsr, altnord. Thor, Thorr, neben Wodan (Odin) der bedeutendste germanische Gott, entstammte dem Göttergeschlecht der Asen. Römische Schriftsteller nannten ihn Hercules oder Jupiter (® Wochentagsname Donnerstag) Der Name Donar deutet darauf hin, daß der Gott seine Macht im Donner offenbarte. Im altnordischen Mythos waren der Hammer und ein von Böcken gezogener Wagen seine Attribute; durch körperliche Kraft ausgezeichnet, fiel ihm die Aufgabe zu, die Welt der Götter und Menschen gegen Riesen und Ungeheuer zu verteidigen. Er galt als schützender, helfender Gott und wurde als Gott der Bauern um gute Ernten angerufen. ® vgl. Lexikon der germanischen Mythologie (1984)

[i]        Purner, Jörg, Radiästhesie – Ein Weg zum Licht?, Mit der Wünschelrute auf der Suche nach dem Geheimnis der Kultstätten, 2. Auflage, Edition Astrodata, 1993, Seite 81 ff.

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Bildquellen

  • 20141012_115718_(800_x_600): Christian Patzl